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Erkennungsdienstliche Behandlung – das sollten Sie unbedingt darüber wissen

Als Betroffener haben Sie möglicherweise einen Brief von der Polizei erhalten, in dem Sie zur erkennungsdienstlichen Behandlung geladen werden. Diese Situation kann beunruhigend sein, besonders wenn Sie nicht wissen, ob Sie erscheinen müssen und ob Sie bereits einen Anwalt benötigen.

Der nachfolgende Eintrag befasst sich mit der sogenannten erkennungsdienstlichen Behandlung, kurz ED-Behandlung. Wir gehen hier nur auf die Maßnahmen nach den Regeln der Strafprozessordnung ein.

Wir erklären Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie sich nach Erhalt einer Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung am besten verhalten und was Sie dabei beachten müssen.

Was ist eine Erkennungsdienstliche Behandlung?

Erkennungsdienstliche Behandlung umfasst die Aufnahme von Merkmalen einer Person zu deren Identifizierung. Das bedeutet, dass beispielsweise Bilder von der Person gemacht werden oder auch Fingerabdrücke genommen werden. Größe und Gewicht werden, ebenso wie bestimmte außergewöhnliche Details, wie beispielsweise Tattoos oder Ähnliches, aufgenommen. Auch ist es möglich DNA über einen sogenannte Mundhöhlenabstrich zu entnehmen.

Wann fordert die Polizei zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf?

Die Polizei fordert zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf, wenn sie dies für die Aufklärung einer Straftat oder zur Vorbeugung weiterer Straftaten für notwendig hält. Dies ist in der Regel der Fall, wenn gegen Sie ein Verdacht besteht und Ihre Identität oder weitere Merkmale zur Beweisführung benötigt werden. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich in den Polizeigesetzen der Länder sowie in der Strafprozessordnung (StPO).

Unterschied zwischen einer erkennungsdienstlichen Behandlung und einer Vorladung als Beschuldigter

Bei der Vorladung als Beschuldigter sollten Sie als mögliche tatverdächtige Person zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Eine erkennungsdienstliche Behandlung hingegen dient der Aufnahme und Sicherung persönlicher Daten und Merkmale.

Wer führt die ED-Behandlung durch?

Die ED-Behandlung wird durch die Polizei durchgeführt. In Bielefeld beispielsweise finden die Maßnahmen regelmäßig im Dienstgebäude der Polizei in der Kurt-Schumacher-Str. 46 statt.

Welche Arten der ED-Behandlung gibt es?

Gem. § 81 b StPO gibt es zwei Alternativen. Die erste Alternative ermöglicht die ED-Behandlung zur Durchführung eines Strafverfahrens. Diese Maßnahme greift also wenn Sie Beschuldigter in einem Strafverfahren sind. Die Maßnahme kann auch gegen Ihren Willen durchgeführt werden. Im schlimmsten Fall werden Sie “abgeholt”, um die Maßnahme durchzuziehen.

Die zweite Alternative ermöglicht die Maßnahme zum Zwecke des Erkennungsdienstes. Die Maßnahme ist aus polizei-präventiven Erwägungen möglich. D.h., die Polizei muss begründen, weshalb davonauszugehen ist, dass Sie auch zukünftig straffällig werden und die Aufnahme von persönlichen Merkmalen zum Zwecke möglicher Tataufklärungen erforderlich sind. Es muss also eine Wiederholungsgefahr prognostiziert werden. Anders als bei der ED-Behandlung zur Durchführung eines Strafverfahrens, muss Ihnen hier rechtliches Gehör gewährt werden.

Das passiert bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung

Bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung werden folgende Schritte durchgeführt:

1. Aufnahme von Fingerabdrücken

Ihre Fingerabdrücke werden von beiden Händen genommen. Jede Fingerkuppe wird nacheinander auf ein entsprechendes Blatt Papier oder in das digitale System gedrückt, sodass ein vollständiger Abdruck aller zehn Finger entsteht. 

2. Anfertigung von Lichtbildern

Es werden mehrere Fotos gemacht, dazu gehört ein Frontalfoto sowie seitliche Aufnahmen von beiden Profilen. Gegebenenfalls werden auch weitere spezifische Merkmale wie Narben oder Tätowierungen fotografiert.

3. Gegebenenfalls Entnahme von DNA-Proben

In einigen Fällen wird eine DNA-Probe entnommen, in der Regel durch einen Mundhöhlenabstrich. Dabei wird ein steriler Wattestäbchen an der Innenseite der Wange entlanggeführt, um Zellen zu sammeln. Diese Probe wird dann in ein Labor geschickt, wo die DNA extrahiert und analysiert wird. Wenn Sie den Abstrich nicht freiwillig abgeben, muss ein Gerichtsbeschluss eingeholt werden. Nur bei Gefahr im Verzug können Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (z.B. Polizei) die Maßnahme selbst anordnen.

4. Dokumentation der persönlichen Merkmale wie Narben, Tätowierungen oder andere individuelle Kennzeichen

Neben Fingerabdrücken und Fotos werden auch andere individuelle Merkmale dokumentiert. Dazu gehören:

  • Narben: Jede sichtbare Narbe wird beschrieben und fotografiert.
  • Tätowierungen: Alle Tätowierungen, einschließlich ihrer Position und Bedeutung, falls bekannt.
  • Sonstige Merkmale: Muttermale, Piercings oder auffällige körperliche Besonderheiten

Muss ich zur ED-Behandlung? Wie kann ich mich wehren?

Bei einer Maßnahme zur Durchführung des Strafverfahrens (das steht in der Regel in Ihrer Ladung) müssen Sie erscheinen. Sie können jedoch eine gerichtliche Entscheidung beantragen, sofern Staatsanwaltschaft oder Polizei die Maßnahme angeordnet haben. Höchstwahrscheinlich wird die Polizei die Maßnahme solange zurückhalten, bis das Gericht entscheiden hat. In der Regel nehmen wir direkt Kontakt mit Gericht und Polizei auf und klären zumindest ab, ob der Termin aufgehoben wird. Hat das Gericht selbst die Maßnahme angeordnet können Sie Beschwerde dagegen einlegen.

Wenn die Maßnahme zum Zwecke des Erkennungsdienstes durchgeführt werden soll, müssen Sie den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Sie können also Widerspruch erheben, (Achtung!) sofern das Widerspruchsverfahren in Ihrem Bundesland nicht abgeschafft ist. Ansonsten müssen Klage erheben. Sollte die Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet haben, müsste ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt werden.

Als Beschuldigter haben Sie bestimmte Rechte:

  • Sie müssen keine Angaben zur Sache machen, also nicht zur Tat selbst aussagen.
  • Sie haben das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen.
  • Sie müssen sich nicht selbst belasten und können die Aussage verweigern.

Ihre Pflichten bestehen darin, der erkennungsdienstlichen Behandlung Folge zu leisten und die Maßnahmen wie Fingerabdrücke und Fotos über sich ergehen zu lassen. Sollte die Polizei dennoch versuchen, Informationen zum Fall und bestimmte Details zu erfahren, brauchen Sie dazu nicht Stellung nehmen und Sie haben das Recht, zu schweigen.

Benötige ich einen Anwalt?

Wir empfehlen Ihnen dringend einen Anwalt hinzuziehen. Sie müssen bedenken, dass gegen Sie ermittelt wird. Des Weiteren sammelt man Daten über Sie, die über Jahre hinweg abgerufen werden können. Querverbindungen etc. sind dadurch möglich. Wollen Sie das wirklich? Ebenso besteht die Gefahr eines Stigmas, welches man nur schwerlich wieder los wird. Beispielsweise bei Verdacht von Sexualdelikten werden regelmäßig ED-Behandlungen durchgeführt. Bei jedem neuen Delikt, wird Ihre Akte – sofern z.B. ein Merkmal mit einer Zeugenaussage übereinstimmt – hinzugezogen und abgeglichen. So kann es natürlich passieren, dass ein Tatopfer Sie auf einem Lichtbild erkennt, obwohl Sie mit der Sache tatsächlich nichts zu tun haben. Dieses Irren kann mehreren Umständen geschuldet sein. Der Täter mag Ihnen ähnlich sehen. Es kann aber auch sein, dass die Lichtbildvorlage falsch durchgeführt wurde.

Sie sollten sich zumindest anwaltlich beraten lassen, was in Ihrem konkreten Fall die richtige Vorgehensweise ist. Letztlich sollten Sie auch überlegen, ob Sie alleine zur ED-Behandlung gehen wollen oder einen Anwalt mitnehmen möchten. Nicht selten versuchen Beamte während der Maßnahme (davor und auch hinterher) mit Ihnen “ins Gespräch zu kommen”. Dies kann dazu führen, dass das Gespräch schleichend in eine Beschuldigtenvernehmung kippt und Sie sich sprichwörtlich “um Kopf und Kragen” reden. In diesen Fällen kann eine weitere Verteidigung schwierig sein.

Daher: Kontaktieren Sie uns. Lassen Sie sich professionell durch unseren Fachanwalt für Strafrecht Sven Karsten beraten und vertreten.

Eine erkennungsdienstliche Behandlung steht an?

Dann lassen Sie sich nicht beiiren und nehmen Sie gerne zu mir, Sven Karsten, Kontakt auf. Wir besprechen, was auf Sie zukommen könnte und wie Sie am besten vorgehen.